Dienstag, 30. September 2014

Die Schweiz im 1. Weltkrieg - Die Zeitzündergeschichte der Tagesschau "SRF"


Am Samstag, den 27.09.2014 | 19:30 Uhr berichtet
das „SRF“ in einem Rückblick auf den ersten Weltkrieg über „Die Schweiz als Munitionsexporteur“;  „Das Millionengeschäft mit der Munition“; Link: http://www.srf.ch/player/tv/tagesschau/video/die-schweiz-als-munitions-exporteur?id=eddc7955-9c10-4176-ae13-7f9ac0bf66b9 .

„Munition - ?“ Es geht um die Fabrikation von Zeitzündern und von Werkzeugmaschinen, die nach Frankreich und vor allem nach England exportiert worden sind.

In den Kriegsjahren haben in der Uhrenindustrie etwa 30‘000 bis 50‘000 Frauen und Männer bei der Fabrikation von Zeitzündern Arbeit gefunden. Rund 90 % der Produktion ging an die Alliierten.
Nun, Herr Dr. Roman Rossfeld von der Forschungsstelle für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Zürich - Professor Jakob Tanner (Link: http://www.fsw.uzh.ch/personenaz/lehrstuhltanner/projektmitarbeiterinnen/rossfeld.html ) berichtet anhand eines Fotoalbums über diese Tätigkeit „privater Firmen“ und ergeht sich in Betrachtungen über die Neutralität. Die „SRF-Tagesschau“ hält unmissverständlich fest: Der Export dieser Güter war legal.

Herr Rossfeld lässt unerwähnt, dass schon im 1. Weltkrieg die Schweiz von kriegführenden Mächten eingeschlossen war - ab 1915 mit dem Kriegseintritt Italiens auf Seiten der Alliierten. Schon im ersten Weltkrieg war die Schweiz auf den Goodwill dieser Mächte angewiesen, denn unser Land brauchte Kohle, Eisen / Stahl, Getreide und vieles mehr: Die Nahrungsmittel- und Energieversorgung der Schweiz hing zu 40 % von Importen ab.
Das „Historische Lexikon der Schweiz“ (Link: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D8926.php ) stellt die wirtschaftliche Lage wie folgt dar: „Von Deutschland, das schweizerische Produkte benötigte, erhielt die Schweiz weiterhin Kohle und andere Rohstoffe. Indem die Schweizer Wirtschaftsführer ihre Transaktionen geheim hielten und geschickt die Rivalitäten zwischen der Entente und den Mittelmächten ausnutzten, ergriffen sie von den ersten Kriegsmonaten an die Möglichkeiten, die sich auf den Aussenmärkten eröffneten. Die Produktion von Munition, Aluminium, Kupfer, Zement und anderen Gütern, die von den Krieg führenden Mächten nachgefragt wurden, erfuhr einen beachtlichen Aufschwung. Bei den Importen ging der Anteil aus Europa zurück, während die Einfuhren aus den Vereinigten Staaten (Kohle, Baumwolle, Getreide, Zucker) zunahmen“ und: „Die Schweiz war von der Blockade der Alliierten und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten betroffen“. Die Alliierten hatten mehr Ressourcen als die beiden eingeklemmten Kaiserstaaten Deutsches Reich und Österreich-Ungarn, die ja von Einfuhren aus Übersee abgeschnitten waren. Der Atlantik wie das Mittelmeer wurde von den Alliierten beherrscht.
Die Lieferung von Zeitzündern und Werkzeugmaschinen an die Alliierten, die uns die Verbindung zu Übersee vermitteln konnten war naheliegend. Zudem hat diese Produktion viele Arbeitsplätze gesichert, vor allem im Jura (Uhrenindustrie). Die soziale Not war allgemein gross, vor allem im dritten und vierten Kriegsjahr -ab März 1917 Rationierungsmassnahmen.

Das “SRF“ erwähnt Demonstrationen vor einer Fabrikationsstätte in Zürich. Dabei soll der Vorwurf laut geworden sein, dass diese Lieferung von Zeitzündern an die Alliierten „den Krieg verlängere“. 
„Den Krieg verlängern - ?“ Deutschland glaubte noch 1918, es werde durch die Frühjahrsoffensive den Krieg gewinnen. Daher ist es klar, von welcher Seite dieser Vorwurf stammte. Es ist festzuhalten: Das deutsche Kaiserreich und das Kaiserreich Habsburg-Österreich haben diesen Krieg ausgelöst. Dieser Krieg hatte zur Folge, dass diese beiden bis in die Knochen morschen Herrschaften zu Staub zerfielen.

Fazit: Dieser SRF-Tagesschaubeitrag hat Schlagseite. Unser Land musste auch Deutschland kriegswichtige Güter liefern. Das geht eindeutig aus dem Beitrag im „Historischen Lexikon der Schweiz“ hervor – siehe obenstehendes Zitat.

Die Situation war eindeutig viel komplexer als diese SRF-Zeitzündergeschichte dies darstellt. So unterschlägt Herr Rossfeld bei seinen Neutralitätsbetrachtungen, dass viele Deutschschweizer, dass General Wille und Mitglieder des Bundesrates ausgesprochen Kaiserreich-freundlich waren. Es gab eine militärische Zusammenarbeit mit Deutschland für den Fall, dass Frankreich oder Italien Deutschland über die Schweiz angreift („Wikipedia“): Die Fortifikation Murten zeugt heute noch davon.

Montag, 29. September 2014

SPD attackiert von der Leyen: "Weniger Fototermine, mehr Handwerk"


Ursula von der Leyen  Dr. Thomas de Maizière,  Freiherr Karl-Theodor von und zu Guttenberg  Bundeswehr

Ausrüstungsmängel der Bundeswehr 


Motto: „Ursula von der Leyen bei der Bundeswehr in Afghanistan - Ich bin stolz, Ihre Ministerin zu sein!“ („Bild“ vom 23.12.2013).

Zusammenfassung: Frau Ursula von der Leyen zeigt ihre Schwäche, die sie bis jetzt gut kaschiert hat. Das ist gut so. Die Kritik der SPD ist völlig berechtigt. Frau Merkel wird im Stillen nicht unzufrieden sein - ihre Konkurrentin montiert sich selber ab.

Natürlich sind hauptsächlich ihre Vorgänger schuld an der Misere. Das sind die Herren Dr. Thomas de Maizière, der von Ministerium zu Ministerium wechselt und Freiherr Karl-Theodor von und zu Guttenberg, dem die Dissertation aberkannt worden ist. Generalinspekteur der Bundeswehr Volker Wieker hatte schon den Freiherrn auf die Missstände aufmerksam gemacht – aber nichts geschah: „Oberster Soldat wirft Bundeswehr Milliardenverschwendung vor. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, äußert harte Kritik am desaströsen Beschaffungswesen der Truppe. In einem vertraulichen Bericht beklagt er unter anderem „Einflussnahme von außen und unzureichende Finanzausstattung“ („Handelsblatt“, vom 01.09.2010). Dr. de Maizière hatte ein Problem mit dem Euro-Hawk: „Untersuchungsausschuss oder Rücktritt: Vor diese Wahl stellt SPD-Chef Gabriel den umstrittenen Verteidigungsminister de Maizière. Immer wichtiger wird die Frage: Wann hat er was zum Debakel mit der Drohne "Euro Hawk" gewusst und gesagt? Eine Chronologie der Widersprüche. Die Vorwürfe seien "konstruiert und falsch. Einen anderen Vorwurf wies das Verteidigungsministerium am Wochenende zurück. Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ hatte berichtet, das Ministerium habe den Bundestag jahrelang über das wahre Ausmaß von Drohnen-Unfällen bei der Bundeswehr im Unklaren gelassen. Abgeordnete seien falsch informiert...“. („Wn.com“, vom 18.12.2013).

Das Verschulden von Frau Ursula von der Leyen besteht darin, dass sie wortstark vertuschen wollte, wie schlecht es um die Bundeswehr steht: „Von der Leyen: Bundeswehr ist gut aufgestellt“ (titelt der „Stern“ vom 08.09.2014). „Die Bundeswehr ist nach den Worten von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) derzeit in der Lage, auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren“.
Noch am 24.09.2014 sagt Frau von der Leyen: „Dass die Bundeswehr einsatzbereit ist, beweist sie täglich und weltweit in 17 Auslandseinsätzen“, sagte die CDU-Politikerin der „Bild“-Zeitung (Mittwoch, 24.09.2014).“ („Handelsblatt“, vom 24.09.2014).
Jedoch – Fact ist: „Am Montag (22.09.2014) war bekanntgeworden, dass die Marine derzeit nur noch maximal 5 ihrer 43 Hubschrauber einsetzen kann. Der größte Teil der 22 Helikopter vom Typ „Sea Lynx“ wurde wegen einer serienmäßigen Panne aus dem Verkehr gezogen. Nur noch einer fliegt“. („Handelsblatt“, vom 24.09.2014). „Die Bundeswehr kann ihre Aufgaben in den Auslandseinsätzen und bei der Nato nicht mehr umfassend erfüllen. Das Ministerium will das nicht wahrhaben – und redet die Lage schön“. („Welt am Sonntag“, vom 28.09.2014). Von den 21 fast 40 Jahre alten „Sea King“ können nur noch höchstens vier genutzt werden - der Rest wird gewartet oder repariert.

Der zuständige Ausschuss des Bundestages wurde nicht zeitgerecht ins Bild gesetzt. Es geht nicht nur um Flugzeuge, Helikopter und Schiffe, wie sie behauptet – auch der Boxer fährt nicht (siehe den nachstehenden Artikel).

Es kommt noch dazu, dass Frau von der Leyen – sehr wahrscheinlich überfordert von der eigentlichen Materie einer Verteidigungsministerin - sich für Bundeswehr-Kitas und für eine Reduktion der Arbeitszeit einsetzte. Auch hat sie eine Charme-Offensive lanciert, mit dem Ziel die Eintritte in die Bundeswehr zu fördern – die Bundesweh leidet unter Auszehrung. „Von der Leyen erntet Spott mit Attraktivitätsoffensive für Bundeswehr“ titelt „Westline.de“ am 01.06.2014.
Alles Nebensächlichkeiten: Die Bundeswehr hat einen Kampfauftrag, dafür braucht es für das Soldatenhandwerk fähige Frauen und Männer, die umfassend ausgebildet werden müssen und zur Disziplin erzogen werden müssen. Dazu braucht es Waffen und Geräte aller Art.
Nun, die Bundeswehr kann zurzeit und auf lange Zeit hinaus nicht einmal ihre Nato-Verpflichtungen erfüllen („NZZ“). „Bundeswehr kann Leistungszusagen an Nato nicht erfüllen“ titelt der „Stern“, vom 27.08.2014: „Wegen der Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr kann Deutschland derzeit seine eigenen Zusagen an die Nato zu verfügbaren Waffensystemen nicht einhalten“.

Bundespräsident Gauck hat sich an verschiedenen Orten bei verschiedenen Anlässen dahin geäussert, dass Deutschland weltweit Verpflichtungen eingehen müsse, wenn notwendig auch mit der Bundeswehr, wenn notwendig auch im Kampfeinsatz. Nun, leider steht der Herr Bundespräsident – bildlich gesprochen –ohne Kleider da. Die Bundeswehr ist jetzt und auf absehbare Zeit nicht in der Lage, seinen grossen Worten entsprechen zu können.
Den deutschen Frauen und Männer ist dies ganz recht – sie wollen keine militärischen Kampfeinsätze der Bundeswehr. „Stern“, vom 26.09.2014: „Die Bundeswehr ist den Deutschen egal. Die schlechte Ausrüstung der Bundeswehr ist ein Skandal - aber das bekümmert die Deutschen nicht. Das Sterben für ihre Sicherheit überlassen sie lieber anderen“. Oder, in anderen Worten: „Weil Rüstungsprojekte einen langen Vorlauf haben, kann es noch Jahre dauern, bis die Bundeswehr wieder voll einsatzfähig ist. Und auch das wird nur gelingen, wenn der politische Wille zu einer Kehrtwende entsteht. Der gesellschaftliche Konsens, der dafür nötig wäre, fehlt bisher in Deutschland noch“. („F.A.Z.“, vom 29.09.2014).

Die Bundeswehr von Frau von der Leyen sendet den Kurden in Erbil Wehrmachtsgewehre („F.A.Z.“. vom 26.08.2014). „Verteidigungsministerin im Nordirak- Irakische Kurden fordern „qualitativ bessere“ Waffen. Kurz nach dem Start der deutschen Waffenlieferungen ist Verteidigungsministerin von der Leyen in Erbil gelandet. Die irakischen Kurden bemängeln jedoch die Qualität und Anzahl der Waffen.
Die irakischen Kurden fordern von der internationalen Gemeinschaft noch mehr und modernere Waffen für ihren Kampf gegen die IS-Terroristen. Kurden-Präsident Massud Barsani sagte am Donnerstag nach einem Treffen mit Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Erbil, dass „die Qualität der Waffen und die Anzahl der Waffen“ noch besser sein könne“.
(„Wirtschaftswoche“, vom 25.09.2014).

Ja, eines muss man sagen: Frau Ursula von der Leyen sieht gut aus auf den Fotos, die von ihr auf einem Flugplatz irgendwo in Deutschland geschossen wurden – da macht sie Eindruck! „Waffen, Wolken und Gestaltungswille“. „Die Haare liegen. Die Verteidigungsministerin trägt eine Jeans-Jacke. Ein Fotograf ist dabei. Das Foto ruft: Unsere Ministerin zeigt Gestaltungswillen!“ („Die Welt“, vom 15.08.2013; Link: http://www.welt.de/kultur/article131271129/Waffen-Wolken-und-Gestaltungswille.html .

Natürlich bekommt Frau von der Leyen Schützenhilfe. So sage Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), dass die Industrie nicht schnell genug liefere. („taz), vom 29.09.2014). „Die Lieferschwierigkeiten der Rüstungsindustrie spielen eine Rolle, sind aber sicher nicht die einzige Ursache für den technischen Verfall in den einzelnen Teilstreitkräften. Die Verantwortung liegt beim Verteidigungsminister, primär noch bei den Vorgängern von Frau von der Leyen. Die haben sich, wie das schon beim Eurohawk-Debakel offenbar wurde, viel zu wenig um die Beschaffung bei der Bundeswehr gekümmert“. („F.A.Z.“, vom 29.09.2014)
Nun Rheinmetall ist ein gewaltiger Rüstungskonzern, der deutsche Waffen und Geräte aller Art in alle Welt exportiert und so zur Freude von Herrn Schäuble dafür sorgt, dass Geld in die stets leere Staatskasse sprudelt. Die Firma Heckler & Koch liefert ebenfalls Waffen kleineren Kalibers in alle Welt und hat sogar eine eigene Waffenfabrik in Nahost. Vielleicht muss man diese Rüstungsfabriken noch vergrössern, das schafft Arbeitsplätze, Frau Bundeskanzlerin, damit sie gleichzeitig exportieren und die Bundeswehr aufrüsten kann. „Waffenindustrie wittert Neugeschäft“ titelt die „F.A.Z.“ vom 27.09.2014. Allerdings: „Weil Rüstungsprojekte einen langen Vorlauf haben, kann es noch Jahre dauern, bis die Bundeswehr wieder voll einsatzfähig ist“. („F.A.Z.“, vom 29.09.2014).

Fazit: Die Bundeswehr ist einsatzbereit sagte die deutsche Verteidigungsministerin laut „Stern“ vom 08.09.2014 –da lacht das Pferd und wiehert der Esel.
Was sagt Frau Bundeskanzlerin Merkel: „Zweitens hat die Ministerin meine volle Unterstützung, wenn es jetzt darum geht, Mängel zu überwinden und auch die zukünftigen Beschaffungen noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Dann wird man auf der Basis der Ergebnisse diskutieren müssen: Was bedeutet das für die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr? Ich glaube, dass Ursula von der Leyen gerade im Augenblick eine sehr verdienstvolle und wichtige Arbeit leistet und damit mehr Transparenz auf den Tisch kommen wird. Das begrüße ich außerordentlich“. „Die Äußerung fiel bei einer Pressekonferenz Merkels mit dem finnischen Premierminister Alexander Stubb in Berlin“ (Augengeradeaus.wordpress.com, vom 29.9.2014).

Na, da können wir ruhig schlafen gehen.

Sonntag, 28. September 2014

Keine Reduktion der Mehrwertsteuer auf Speisen im Restaurant!


Das Vorhaben der Gastronomie / der Wirte die Mehrwertsteuer auf Speisen im Restaurant herabzusetzen wird von Schweizerinnen und Schweizern abgelehnt - sehr gut!

Frau Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf hat sich vor der Abstimmung in gut verständlichen, überzeugenden Worten ans Schweizervolk gewendet - danke!
Wir erinnern uns: In Deutschland hatte die Düsseldorfer Substantia AG der FDP binnen eines Jahres 1,1 Millionen Euro überwiesen. Die Partei bestritt einen Zusammenhang der Spende mit den im Wachstumsbeschleunigungsgesetz beschlossenen Vergünstigungen für Hoteliers. Die Summe ist eine der höchsten Parteispenden in der Geschichte der Freidemokraten und wurde in drei Teilspenden im Jahr 2009 überwiesen. Die Substantia AG gehöre einem der reichsten Deutschen, August Baron von Finck. Seine Familie ist Miteigentümer der Mövenpick-Gruppe, die in Deutschland 14 Hotels betreibt. Herr von Finck lebt mit Familie im Schloss ob Weinfelden (TG).
In den schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen hatte die FDP mit der CSU im Herbst 2009 auf eine Senkung des Mehrwertsteuersatz auf Hotel-Übernachtungen von 19 auf 7 Prozent gedrungen. Der stark umstrittene und von der Opposition als Klientelpolitik kritisierte Steuernachlass wurde im Wachstumsbeschleunigungsgesetz verankert, das zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten war.
„Es gibt keinen Zusammenhang mit der beschlossenen Mehrwertsteuersenkung“, sagte der FDP-Sprecher mit Blick auf die Millionenspende des Hotel-Unternehmers. Die Spende sei Bundestagspräsident Norbert Lammert korrekt angezeigt worden. Die frühere FDP-Staatsministerin Hildegard Hamm-Brücher kritisierte im „Spiegel“ jedoch: „In der Regierung macht die FDP reine Klientelpolitik. Sie kümmert sich um die Steuerfragen einer bestimmten Schicht, das ist alles.“
(Quelle: "Handelblatt.de", vom 16.01.2010; Link: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/2009-fdp-strich-millionenspende-von-hotel-unternehmer-ein/3347176.html)
Die FDP stand zu dieser Zeit unter der Führung von Herrn Westerwelle; die FDP ist jetzt von der politischen Bildfläche verschwunden.
Das Schweizervolk hat einmal mehr seine politische Reife demonstriert.

Sonntag, 7. September 2014

Replik an "NZZ": Zugewiesene Freiheit ist keine Freiheit!



Zugewiesene Freiheit ist keine Freiheit


von Jürg Walter Meyer, Auslandschweizer in D-Leimen bei Heidelberg
Replik auf Artikel von Herrn Simon Gemperli:
„Selbstbezogene Schweiz“ – „Unbehagen im Erfolgsstaat“; „NZZ“, vom 15.08.2014

Unter dem Titel “Unbehagen im Erfolgsstaat“ analysiert Simon Gemperli die Situation der Schweiz und kommt zum Schluss, „die Schweiz sei auf sich selbstbezogen“.
Der lesenswerte Artikel löst Einspruch und Widerspruch aus.

Simon Gemperli formuliert, dass „um 2008 eine rund zehnjährige Periode der aussenpolitischen Öffnung zu Ende gegangen ist, welche die Wirtschaft beflügelte“. „Zu Ende gegangen“ -? Das sehe ich anders. Am 01.06.2008 wurden die «Einbürgerungsinitiative» (Verschärfung des Einbürgerungsverfahrens) und die Initiative «Volkssouveränität statt Behördenpropaganda» („Maulkorbinitiative“) von Volk und Ständen klar abgelehnt. Am 12.12.2008 wird die Schweiz neues Schengen-Mitglied. Am 08.02.2009 bejahen 59,6% der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Weiterführung der Personenfreizügigkeit mit der EU und die Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien. Am 23.06.2009 akzeptiert die Schweiz im Grundsatz die OECD-Regeln und ist bereit, mit den Steuerbehörden des Herkunftslandes gegen Steuerhinterziehung und Steuerflucht zusammen zu arbeiten.
Anders sah es in der EU aus. Am 12.06.2008 lehnen in Irland 53,4% der Wähler den Vertrag von Lissabon ab (Am 03.10.2009 wird er - nach vielen EU-Streicheleinheiten - in einem zweiten Referendum angenommen). Am 17.06.2008 schlägt die EU-Kommission eine 10-Punkte-Strategie vor, mit der die illegale Einwanderung eingedämmt werden soll. Am 04.07.2009 finden in allen EU-Ländern die Europawahlen statt mit einer Wahlbeteiligung von insgesamt nur 43,2 %. So weit so gut.

Nach Ansicht von Simon Gemperli hat „das Pendel zurückgeschlagen“ (Minarettverbot 2009). Es ist hier nicht der Platz auch darauf einzugehen. Aber 2009 ist ein Schicksalsjahr. Denn am 01.12.2009 tritt der Vertrag von Lissabon in Kraft. Schon vorher und nun erst recht hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) konsequent und in eigener Machtfülle die völkerrechtlichen EU-Verträge der Funktion nach in eine EU-Verfassung gewandelt (‚Konstitutionalisierung‘).
Verfassungen, wie die unsrige pflegen den politischen Entscheidungsprozess zu regeln, während die Entscheidungen selber der demokratischen Politik überlassen werden, so dass der Ausgang von Parlamentswahlen darauf Einfluss hat. Die EU-Verträge treffen dagegen die Entscheidungen gleich selbst. Sie sind voll von Regeln, die normalerweise nicht in der Verfassung, sondern in den Gesetzen stehen. Das erklärt den grossen Umfang der Verträge. Aufgrund der ‚Konstitutionalisierung‘ wird aber auch die Interpretation dieser Regeln durch Kommission und EuGH Verfassungsinterpretation. Nationales Recht, das mit den wirtschaftlichen Freiheiten und ihren Konkretisierungen in den Verträgen kollidiert, verliert automatisch seine Anwendbarkeit. Die Klärung von Zweifeln, ob eine solche Kollision besteht, behält sich der EuGH vor. Die nationalen Gerichte müssen die Frage der Vereinbarkeit in Luxemburg beantworten lassen. Weder das EU-Parlament noch die 28 nationalen Parlamente haben hier noch Entscheidungsfreiheit.
Genau den Geist atmet das Brüsseler-„Verhandlungsmandat“.
Páll Hreinsson, der isländische Richter am Efta-Gerichtshof, wundert sich, warum der Bundesrat nicht auf seine Institution setzen will, falls es zu Streitigkeiten mit der EU kommen sollte

Nach Simon Gemperli „hat die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative das Verhältnis der Schweiz zum Rest des Kontinents grundsätzlich infrage gestellt“. Das ist eine Sicht, die vom Boden der Realität abhebt. Es ist ein Faktum, dass die Schweiz, im Vergleich zu den anderen Efta-Staaten, im Vergleich zur EU als Ganzes, aber auch im Vergleich mit dem „EU-Zugpferd“ Deutschland eine so grosse Zuwanderungsquote hat, dass sie als Belastung in vielerlei Hinsicht ein Alleinstellungsmerkmal sondergleichen ist. Vor allem aber ist die Annahme dieser Initiative ein Marschhalt, den das Schweizer Volk intuitiv gewollt hat, ohne zu wissen, wie sich die EU dank dem Wirken des EuGH verändert hat und was diese EU mit der Schweiz vorhat.

Für Simon Gemperli scheint „das integrationistische Selbstverständnis der EU, wie es sich im Vertrag von Lissabon niederschlug“ – es ist aber deutlich mehr, wie in diesem Beitrag schon dargelegt - eine Art Gottgewolltes Ereignis zu sein, das es ohne Wenn und Aber zu akzeptieren gilt – nach dem Motto „Vogel friss oder stirb“. Jedoch, es gibt bei jedem Problem Alternativen – davon weiter unten. Demnach ist Herrn Gemperlis Haltung „solche Entwicklungen sind nur zu bewältigen, indem man sie als unaufhaltbar anerkennt“ grundsätzlich falsch – aus meiner Sicht unserem Land schädlich. Wie hätte Herr Gemperli sich verhalten, als unser Land von Nazi-Deutschland und Mussolini-Italien völlig eingeschlossen war – „unaufhaltbar anerkennen“?

Zu Recht ortet Herr Gemperli „Zweifel, die angebracht sind“, ob „das Plazet der Politik eine Formalität sein wird“ bezüglich seiner „Erkenntnis“, dass „solche Entwicklungen nur zu bewältigen sind, indem man sie als unaufhaltbar anerkennt“. Besorgt stellt Herr Gemperli die Frage, „ob auch die Politik die erwähnten Entwicklungen erkannt hat? Ob das Stimmvolk die Lehren daraus gezogen hat?“ Ich habe den Eindruck, als ob Herr Gemperli gleichsam gebetsmühlenartig unsere „DNA“ aufzählt – „Direkte Demokratie, Föderalismus und eine freiheitliche Wirtschaftsordnung“ – ohne auch nur einen Moment zu bedenken, dass diese „DNA“ vom Virus EU befallen, ausgelaugt, ja zerstört werden wird, wenn wir solche „Entwicklungen bewältigen, indem wir sie als unaufhaltbar anerkennen“. Die Alternativen werden bei den Verhandlungen in National- und Ständerat auf den Tisch kommen oder durch Volksinitiativen lanciert werden.

Herr Gemperli irrt, wenn er schreibt, „das Rahmenabkommen mit der EU scheint in den Grundzügen schon unter Dach [und Fach] zu sein“. Zwar soll es irgendeine Vereinbarung zwischen dem EDA / dem schweizerischen Bundesrat und der EU geben. Herr Gemperli übersieht, dass bei uns primär das Parlament das Sagen hat, das schon die „Lex USA“, auch eine „solche Entwicklung, die nur zu bewältigen ist, indem man sie als unaufhaltbar anerkennt“ gebodigt hat. Die Sache geht ihren Gang. Abschliessend entscheidet das Volk – es wird sich dann zeigen, was "schon unter Dach ist“.

Herr Gemperli formuliert eine unserer Staatsmaximen – „ für einen erfolgreichen Kleinstaat sei die Offenheit gegenüber der Welt wichtig“. Daraus leitet er ab, dass „die Offenheit in der heutigen Welt mehr bedeute als Freihandelsverträge“ – meint er die Gängelung durch die EU? Viele Staaten haben Freihandelsverträge abgeschlossen, aber nur die EU-Staaten, 26 von über 193 Staaten weltweit haben sich zur einer Zwangsgemeinschaft zusammengeschlossen. Die weitaus grösste Zahl der EU-Länder ist dabei, weil sie so profitieren kann von der wirtschaftlichen Stärke weniger – hier fehlt den Brüsselern noch die Schweiz.

Das Rahmenabkommen, bei dem die EU das Sagen hatte, soll, schreibt Herr Gemperli, "schon unter Dach" sein. Aber es ist nicht von Gutem für unser Land, denn der Bundesrat will den Inhalt nicht vor den eidgenössischen Wahlen 2015 bekanntgeben, sondern erst nachher – 2016. Da ist zu hoffen, dass mindestens eine Partei, die SVP, evtl. auch die FDP und die CVP so viel Druck ausüben, dass der Bundesrat bald die Katze aus dem Sack lässt.

Es pfeifen ja die Spatzen vom Dach, wie das EU-„Verhandlungs“mandat vom 6.Mai 2014 lautet:
  • Die EU will, dass bei jeder Gesetzesänderung der EU die Verträge angepasst werden, auch bereits gültige, dass wir binnen einer von der EU festgesetzten Frist unsere Gesetze anpassen müssen (Herr Gemperli: „direkte Demokratie“ mit Initiative und Referendum, „Föderalismus“- ?)
  • Die EU will, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) ausnahmslos oberste Instanz ist. Unser Bundesgericht darf den EuGH um Vorabentscheidungen bitten, an die er dann seine Entscheide anpassen muss. Die EU-Kommission schaut der Schweiz bei der Umsetzung der Verträge auf die Finger. Darüber hinaus soll die EU-Kommission über die Mittel einer Untersuchungsbehörde verfügen, die im Falle eines Falles Entscheide gegen den Willen des Bundesrates / der eidgenössischen Räte durchsetzen kann. Zusätzlich werden Kontrolleure eines speziell nur für unser Land geschaffenes Aufsichtsgremiums, in dem alle 28 EU-Staaten vertreten sind, innerhalb unserer Grenzen den Vollzug überwachen. Die Formulierung schliesst eine Art Polizeifunktion mit ein.
  • Zudem muss unser Land weit mehr als bisher in den „Kohäsionsfonds“ bezahlen, aus dem Geld an die ärmeren EU-Staaten verteilt wird.

Es erstaunt, wie ein „NZZ“-Redaktor und mit ihm wohl die Zeitung als Ganzes mit Leichtigkeit über alle Probleme hinwegsieht, die die von ihr propagierte „Lösung“ für die Schweiz in Zukunft bereit hält – eine „NZZ“-Büchse der Pandora: ein neues, zukunftsfähiges Arrangement mit der EU, das supranationale Elemente und die Personenfreizügigkeit enthält, aber auch neue Abkommen und Beteiligungsmöglichkeiten“. Immerhin wird mit der Formulierung „aber auch“ der Pandora-Charakter angedeutet. Dies sind die „supranationalen Elemente“, die unser Land „zum unsouveränsten Land“ machen werden. (NR Philipp Müller, Präsident der FDP.Die Liberalen Schweiz).

Unsere „kleine, international verflochtene Schweiz, deren Wohlstand wesentlich von guten Beziehungen zum Ausland abhängig ist“ braucht ihre Freiheit und darf sich nicht zufrieden geben mit der „Freiheit“, die ihr von einer EU, die zunehmend zu einer Brüsseler-Krake mutiert, zugewiesen wird.
Die Schweiz braucht ihre selbstdefinierte Freiheit, damit sie mit möglichst vielen Ländern Handel treiben, Dienstleistungen und Kultur austauschen kann. Nur so bleibt die Schweiz ein „Erfolgsmodell“ (Simon Gemperli).